Wer sich noch an meine Erzählungen der wirklich riesigen, kurvenreichen und manchmal auch etwas flüssigen Auvergne Rundfahrt mit stolzen 1.100 Kilometer erinnern kann, der weiß, dass ich meine Rückkehr in die Auvergne bereits angekündigt habe. Sogar noch bevor ich diese überhaupt verließ. So, nur kurze Zeit später befinde ich mich wieder in Frankreich. Müsste ich von den Straßen der Auvergne ablassen, so würde mein Motorradherz nicht mehr aufhören zu bluten.
Da der Geruch von 1.100 Kilometer noch immer an meinen Stiefeln haftete, entschloss ich mich bei dieser Rundfahrt die Straße etwas in den Hintergrund zu stellen. Dafür richtete ich dieses Mal mein Hauptaugenmerk auf Ausstellungen, Natur und Kulturelles in Auvergne. Nein, ich werde nicht alt und steige demnächst auf eine Goldwing um. Es ist einfach auch einmal interessant, Vulkane, Schluchten, Flüsse und die gesamte Landschaft nicht nur im vorbeihuschen zu sehen. Auch hier handelt es sich wieder um eine Rundfahrt, quer durch die Auvergne, welche in Royat startet und endet.
Eine kurze Übersicht der Route quer durch die Auvergne:
Start/Ziel: Royat – Streckenlänge: 360km – Dauer: 3 Tage | |||
Royat | Issoire |
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3 bis 6 Stunden |
Issoire | Ambert |
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2 bis 5 Stunden |
Ambert | Royat |
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2 bis 5 Stunden |
Werkstätten entlang der Route:
- Dafür Moto SA, Rue Henry Becquerel (nähe Royat)
- Techni Cycles Auvergne, 69 Rue de l’Oradou (Clermont-Ferrand)
- Cycles Sam et Steph, 102 boulevard Barriere (Issoire)
- Motorspeed Racing Products, 2 Rue Costes Et Bellonte (Ambert)
Zubehör- und Reifenhändler entlang der Route:
- K Providence, 26 Avenue de Paris (Riom, nähe Clermont-Ferrand)
- Harley-Davidson Auvergne, Allee du Petit Puy (Perignat les Salieves)
- Ambiance Moto 63, Route de St Germain (Issoire)
- Hospital Motos, 11 Avenue de la Dore (Ambert)
Pause am ersten Tag
Ich erreichte die 5.000 Einwohner große Stadt Royat, welche am östlichen Fuß des Puy de Dome in der Auvergne liegt, bereits am Vormittag. Da ich mir vorgenommen hatte, die Region genauer zu erkunden, plante ich für diesen Tag lediglich Besichtigungen ein. Als Nächtigungsstätte habe ich das Hotel Le Chatel direkt in Royat gewählt, da das Restaurant traditionelle Speisen und die Spezialitäten Frankreichs verspricht. Normalerweise ist das Einchecken ja erst nachmittags möglich, dennoch wollte ich wenigstens mein Gepäck im Hotel zwischenlagern.
Ich machte mich also auf den Weg zum Hotel Le Chatel. Dort empfing mich das Hotelpersonal sehr freundlich. Das Glück war auf meiner Seite, denn mein Zimmer war bereits bezugsbereit. Nach einer kurzen Besichtigung des Zimmers entschloss ich mich nach Clermont Ferrand aufzubrechen. Um die „Must Sees“ möglichst schnell herauszufinden, ging ich zunächst zum Amt für Tourismus für Auvergne. Dieses befindet sich in der Stadtmitte am Place de la Victoire. Hier deckte ich mich mit ausreichend Flyer über die Stadt selbst und ebenfalls über die umliegende Region ein. Das Amt für Tourismus für Auvergne organisiert Stadtführungen und ist ebenfalls für die Organisation von Veranstaltungen und Ausstellungen zuständig. Da ich den Start der Führung knapp verpasst habe, entschloss ich mich selbst einen Rundgang entlang des gut beschilderten Weges zu starten.
Zunächst ging es durch die Fußgängerzone, welche mit altertümlichen Gebäuden und kleinen Läden gesäumt war. Auch das Welterbe der Menschheit der UNESCO, die Kathedrale Notre Dame du Port musste ich mir wieder ansehen. Als ich so durch die Gassen flaniere, vergaß ich allmählich die Zeit und wurde erst wieder wachgerüttelt, als laute Musik durch eben diese schallte. Nun würde man vermutlich sagen, ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. In Clermont Ferrand fand gerade das Festival Les Contre-Plongees de l’Ete statt. Bühnen und Shows waren über die ganze Stadt verteilt. So vergaß ich auch komplett auf die Spezialitäten aus dem Restaurant und stillte meinen Hunger an den unzähligen Essens-Ständen. Normalerweise ist in der Auvergne auch Entspannung inklusive. Doch bei dieser Tour stand eindeutig der kulturelle Teil im Vordergrund.
Ab nach Issoire
Gestern Abend wurde es wohl etwas später als erwartet. Das Festival war aber auch wirklich unvergesslich. Mit dem Ohrwurm der gestrigen Musik im Kopf, machte ich mich vom Frühstückstisch direkt auf den Weg zu meinem geliebten Bike. Auch wenn ich dieses Mal Kulturelles in Auvergne in den Vordergrund gerückt habe, konnte ich kaum warten wieder ordentlich am Gashahn meines Motorrades zu drehen. Da es sich bei der kleinen aber feinen Stadt Royat um einen regionalen Kurort direkt am Fuße der Vulkankette Chaine des Puys handelt, befand ich mich in optimaler Ausgangslage. Da ich mich noch am Beginn meiner Tour befand, war mein Tank gut gefüllt und ich konnte sofort in Richtung Westen los starten.
Auch dieses Mal nahm ich den kleinen Umweg zum Circuit de Charade im Kauf um dort erneut mein Glück zu versuchen. Bei meinem letzten Besuch war die Auvergne Rennstrecke ja leider unbenützt vor mir gelegen. Und tatsächlich! Schon bevor ich meinen Helm abnahm, konnte ich deutlich aufheulende Motorengeräusche wahrnehmen. Rennmaschinen flitzten auf dem Kurs hin und her. Um etwas über das stattfindende Rennen herauszufinden, wandte ich mich an einen Franzosen, welcher gerade aus einem Auto stieg. Trotz meinen eher guten Englischkenntnissen und Kommunikation mit Händen und Füßen, konnte ich diesem netten Herren leider mein Anliegen nicht klar machen. Englisch als Zusatzsprache dürfte auch in der Auvergne nicht wirklich weit verbreitet sein. Ich denke aber, dass es sich um ein Trainings-Rennen gehandelt hat. Noch immer den fauchenden Rennmotoren lauschen, schlenderte ich wieder zurück zu meinem Motorrad und machte mich auf die Weiterfahrt zum bereits bekannten Puy de Dome.
Da die Sonne noch nicht alle Nebelschwaden komplett aufsaugen konnte, verzichtete ich auf ein Erklimmen des 1.465 Meter hohen Gipfels. Stattdessen führte mich die Straße entlang des Fußes in ein paar kühle und feucht riechende Wälder, über golden glänzende Felder immer weiter Richtung Cantal. Meinen nächsten Halt legte ich in dem kleinen Dorf Orcival ein. Hier war ich doch schon einmal, denn an den Anblick der Basilika Notre-Dame, einer der berühmtesten Kirchen der Auvergne, konnte ich mich erinnern. Verschmähte ich die Kirche bei meiner letzten Tour noch, entschloss ich dieses Mal einen Blick in das Innere zu wagen. Auf dem Weg zur Kirche konnte ich bereits den Kirchenturm durch die Baumwipfel hindurch entdecken. Ein wahrhaft prächtiges Bauwerk. Wie die meisten romanischen Kirchen ist auch diese nach Osten zur Sonne hin ausgerichtet. Das Licht der Sonne scheint so fast den ganzen Tag durch die bunten Fenster der Kranzkapelle. Dies taucht die Chorgalerie in viele bunte Farben und beleuchtet ebenso Statuen und das Kruzifix.
Weiter geht es durch die Auvergne in Richtung Le Mont Dore, vorbei an den bekannten schillernden Seen von Lac du Guery. Ein wahrhaft malerischer Anblick. Da ich diese Seen aber schon von meiner letzten Tour kannte, schwenkte ich Richtung Osten ein und fuhr die kurvenreiche Straße weiter zum Le Lac Chambon. An diesem See legte ich eine kleine Pause in dem Cafe La Petite Plage ein. Die Terrasse in Kombination mit Sonnenschein lud herrlich zum Entspannen ein. Von hier aus konnte ich auch die tolle Aussicht über den See bis hin zur Burg Murol genießen. So sehr hätte ich nun Lust auf ein prickelndes kaltes Bier. Da aber noch etwas Weg vor mir lag, entschied ich mich für eine kalte Cola und einer Kleinigkeit zu essen. Mein Hunger war etwas größer aber die Preise des Cafés waren dann doch etwas zu abgehoben.
Wieder aufs Bike und weiter zu dem Ort Saint Nectaire. Dieser kleine Ort wurde mir von meinem Reiseführer der Auvergne empfohlen, da ich hier der Herstellung von Käse beiwohnen konnte. Der traditionelle Saint Nectaire Fermier wird in dem kleinen Häuschen Namens Ferme Bellonte et mysteeres de Farges hergestellt. Vor meiner Abfahrt warf ich ebenfalls noch einen kurzen Blick auf die Kirche des Ortes. Danach ging es über ein paar Umwege, um noch mehr Kurven zu sammeln, nach Issoire. Da es schon spät abends war, suchte ich sofort mein Hotel Le Pariou auf. Das Hotel verlockte mit seinem edlen und dennoch modernen Design dazu ein paar Nächte mehr hier zu verbringen. Der Hunger brachte mich sogleich in das Hotel eigene Restaurant, für den Pool war es ohnehin schon zu spät. Ich gönnte mir ein oder zwei lang ersehnte kühle Bier und dazu eine herzhafte Gänseleber. So kann man auch ganz gut Entspannung in Auvergne finden.
Von Issoire nach Ambert
Nach einem ergiebigen Frühstück, sollte der Vormittag wieder für Kulturelles in Auvergne genutzt werden. Mein Weg durch die Stadt führte mich auch an dem Musée Pierre Philosophale vorbei. Eines der schönsten Museen in Auvergne, wie ich finde. Auch der Markt am Place de la Republique, welcher jeden Samstagmorgen stattfindet, war sehr sehenswert. So viele Köstlichkeiten und Gerüche! Aber dafür war nicht mehr viel Zeit denn ich entdeckte den Circuit moto d’Issoire. Vor lauter Vorfreude lief ich zurück zu meinem Bike und fuhr sofort zur Rennstrecke. Obwohl die Straßen Frankreichs viele Kurven bieten, wollte ich unbedingt die Grenze meiner Schräglage auf einer Rennstrecke austesten. Zugegeben, ich dachte darüber nach meinem momentanen Job zu kündigen und Rennfahrer zu werden. Die Rundenzeiten ein paar anderer Teilnehmer holten mich aber schneller wieder auf den Boden zurück als mir lieb war. Durch den überstürzten Aufbruch, verlor ich mein Tagesziel die Stadt Ambert etwas aus den Augen. Doch nachdem ich mich genügend auf dem heißen Asphalt ausgetobt hatte, trat ich die Weiterreise doch noch kurz nach Mittag an.
Der frisch geteerte Straßenbelag führte mich weiter durch die Auvergne Richtung Osten, durch dichte Wälder und schließlich entlang der Strände von Le Vernet la Varenne. Weiter durch Viverols und Saint Antheme, bis ich schließlich in der Region Hautes Chaumes du Forez landete. Die Natur besteht aus welligen Granitplateaus, durchzogen von grünen Haiden und übersät mit altertümlichen Bauernhöfen. Ich hielt in der Nähe des Col des Supeyres und ließ meinen Blick über das fantastische Panorama gleite. Unzählige Vulkane erstreckten sich quer über die Auvergne. In der Ferne konnte ich sogar den Mont Blanc, den wohl berühmtesten Berg Frankreichs, erkennen.
Ein Blick in das Innere eines authentischen Almbauernhofs versetzte mich in der Zeit zurück. Die große Halle war mit allen möglichen Gegenständen aus der Landwirtschaft geschmückt. Geweihe, Werkzeuge und vielem mehr. Dieser Bauernhof hatte schon viel gesehen. Obwohl es momentan totenstill war, konnte ich die Musik welche einen geselligen Abend begleitete, trotzdem hören. Als ich wieder von der dunklen Halle heraustrat, blendete mich das Sonnenlicht. Ich gewöhnte meine Augen langsam daran und schwang mich wieder auf mein Motorrad.
Mein Reiseführer der Auvergne brachte mich aber nicht sofort in das gebuchte Hotel in Ambert, sondern zunächst zu dem eher unauffälligen Restaurant Les Copains. Der Chefkoch trägt den Spitznamen Toque d’ Auvergne, was so viel wie Kochmütze der Auvergne bedeutet. Und diesen hat er auch wirklich verdient, obwohl ich mit ihm ein langes Streitgespräch führen musste. Schließlich könne man doch kein Bier zu Kabeljau, Tintenfisch und geräucherten Lachs trinken. Als ihm aber meine Motorradklamotten auffielen, schien er zu verstehen, dass ein kaltes Bier unumgänglich war. Meine Nacht verbrachte ich anschließend in dem stilvoll eingerichteten Hotel De La Gare. Der Hausherr scheint Orange- und Rot-Töne zu lieben, nach meinem Geschmack etwas zu viel. Dennoch fühlte ich mich in meinem kleine „Chambre“ wie zuhause. Ein wahrer Aufenthalt in einem Hotel von Charme.
Der letzte Tag in der Auvergne
Als ich die Augen Aufschlug, befand ich mich noch immer in der für Fourme-Käse bekannten Stadt Ambert. Dies machte sich bereits beim Frühstück bemerkbar. Der Frühstückstisch war übersät mit dieser Edelschimmelkäsesorte aus der Auvergne, welche aus der Milch des berühmten Salers-Rind hergestellt wird. Nach dem Frühstück ging meine Entdeckungstour zunächst zum traditionellen Markt. Danach verfolgte ich eine Vorführung in dem Museum für Land- und Dampfmaschinen, eines der besonderen Museen der Auvergne.
Um mein Wissen über die Papierherstellung aus dem 14. Jahrhundert aufzupäppeln, besucht ich ebenfalls noch die Mühle Richard de Bas. Um mir das hübsche kleine Städtchen aus der Vogelperspektive ansehen zu können, erklomm ich den Glockenturm der Kirche Saint Jean. Sicher ebenfalls eine der schönsten Kirchen der Auvergne. Danach sattelte ich endlich meine 120 Pferde und trat den Weg zurück nach Royat an. Wie ich es liebe meine Pferde auf dem glatten Asphalt galoppieren zu lassen! Die nette kleine Straße führte mich durch Cunlhat, einem beliebten Treffpunkt für Harly-Davidson Fahrer, bis in die Hauptstadt des rosa Knoblauchs, Billom. Dieser zeichnet sich durch seinen reinen und würzigen Geschmack aus. Den rosa Knoblauch konnte ich sogar aus den Speisen meines Mittagessens in dem Restaurant Les Petits Ventres herausschmecken.
Anschließend schlängelte sich die Straße durch das Örtchen Montpeyroux. Dieser Ort zählt zu den Plus beaux villages de France und ist somit ein wahres Aushängeschild des Departments Puy de Dome und somit der Auvergne. Wie ihr wisst, war ich schon immer ein Fan der Komikbücher von Asterix & Obelix. Meine nächste kurze Pause machte ich deswegen am Plateau de Gergovie. Hier fand die größte und gleichzeitig berühmteste Schlacht zwischen Galliern und Römern statt. Cäsar kämpfte damals gegen den gallischen Fürst Vercingetorix.
Kurze Zeit später befand ich mich wieder an den Füßen der Vulkane, an dem auch mein Ausgangspunkt Royat lag. Leider dieses Mal eine kürzere Ausfahrt, aber dennoch unvergesslich schön. Mein nächstes Ziel in Frankreich habe ich ebenfalls schon entdeckt. Die nächste Entdeckungstour mit meinem geliebten Bike wird mich wieder in die Auvergne führen, dieses mal allerdings in das Department Cantal. Die letzten Stunden werde ich wohl in dem Thermalbad Royatonic verbringen. Schließlich gehören Auvergne und Entspannung einfach zusammen.
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